Fr. 21.11.1980 - 20:00 Uhr ESG Kassel - Neusser SC 0:5 (0:0/0:0/0:0)
Vorbericht
ESG: Mit Elan gegen Neuss
Heute und am Sonntag in Grefrath ohne Jochen Ferstl
Kassel. Die Eishockey-Oberligamannschaft der ESG Kassel hat alle Mühe mit den vermeintlich „leichten" Gegnern und macht dafür den Favoriten das Leben sauer, das ist das Fazit der Spielserie nach dem 13. Spieltag. Leider konnten die Fans in der Kasseler Eissporthalle vom riesigen Kampfgeist und Elan der ESG, wie er in Neuss, in Hamburg und zuletzt in Hannover zu bewundern" war,'wenig verspüren. Vielleicht das Klassespiel gegen die Frankfurter Eintracht ausgenommen. Das soll sich nun ändern! Schon heute, wenn um 20 Uhr der Neusser SC in der Kasseler Eissporthalle am Auestadion Gast der Kasseler ist, die in der Tabelle auf Platz 7 mit 13:13 Punkten vor Neuss (13:15) liegen und den Anschluß an Preußen Berlin (13:13), Braunlage (14:14) und Nordhorn (15:11) halten wollen. Beim 6:6 in Neuss.am 18. Oktober zeigten die ESGer nach einem 2 ^Rückstand ein aufopferungsvolles iSpiel, wurden aber auch Opfer übertriebener Härte der Persson, Fortin und Bützer, die brandgefährlich sind - auch in spielerischer Hinsicht. Die ESG hat Aufstellungssorgen. Torwart Weiß wurde ebenso wie Ferstl in Hannover verletzt. Während Weiß aber — • wenn auch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte - hoffentlich mitwirken kann, fällt Ferstl für mindestens zwei Wochen aus.
ESG-Spiel abgebrochen: Arzt fehlte!
Kassel (R. W.). Mit einem Eklat endete am gestrigen Abend das Eis- hockey-Oberligaspiel zwischen der ESG Kassel und dem SC Neuss. Nach genau 6:06 Minuten Spielzeit wurde der Neusser Torhüter Herbst von einem Schlagschuß des ESGer Turney so hart an seiner Gesichtsmas- ke getroflen, daß er sich ober- und unterhalb des rechten Auges schwere Platzwunden zuzog. Zunächst verlangten die Schiedsrichter nach dem auf dem Spielbogen vermerkten Arzt der ESG, der jedoch nicht anwesend war. Da auch kein Krankenwagen zur Verfügung stand und die Spieler der Gäste sich unter diesen Umständen weigerten, das Treffen fortzusetzen, sahen sich die Schiedsrichter - zu Recht — gezwungen, die Partie abzubrechen. Der verletzte Torhüter der Neusser wurde dann nach etwa zehn Minuten durch einen herbeigerufenen Notarzt versorgt, Die Unterlassungssünde dürfte die ESG teuer zu stehen kommen. Nicht nur daß wahrscheinlich die Punkte aus diesem Spiel aberkannt werden, den Kasselern droht auch noch eine Geldstrafe.
Ein Schlagschuß, der ins Auge ging
ESG-Spiel gegen Neuss abgebrochen, weil kein Arzt anwesend war "
Seitdem letzten Freitagabend
ist die noch recht junge Kasseler Eishockey-
Historie um ein weiteres, allerdings
sehr peinliches Kapitel reicher
geworden. Im Punktspiel der Oberliga
Nord zwischen der ESG Kassel und dem
SC Neuss - wir berichteten bereits darüber
- gab es bereits im ersten Drittel
einen Spielabbruch. Nicht etwa, weil
die Spieler in einer Massenrauferei das
stärkere Team ermitteln wollten oder
wütende Fans über die Stränge schlugen,
nein, der wahre Grund war weit
weniger spektakulär, doch genauso
durchschlagend: der auf dem Spielberichtsbogen
von den Kasselern ver-
'merkte Arzt war nicht in der Halle anwesend!
Was war geschehen? Nach rund sechs
Minuten Spielzeit war der Neusser Torhüter
Herbst von einem Schlagschuß
'des ESG-Verteidigers Clark Turney so
unglücklich am Sehschlitz seiner Gesichtsmaske
getroffen worden, daß er
sich eine klaffende Platzwunde am
rechten Auge zuzog.
Die weitere Entwicklung des Geschehens
bis zum Eklat schilderte dann
ESG-Kapitän Eric Konecki folgendermaßen:
„Die Schiedsrichter hatten mich
zunächst nach einem Arzt gefragt, dann
nach einem Krankenwagen. Da beides
nicht zur Stelle war, hat sich Neuss geweigert,
wieder auf das Eis zurückzukehren."
Dazu der Kronberger Schiedsrichter
Reul: „Nach den DEB-Statuten
' war Neuss im Recht. Als die Gäste nach iwei Minuten das Eis nicht wieder betreten
hatten, blieb uns nur eine Entscheidung:
Abbruch!"
Die Empörung im Neusser Lager (Ein
Betreuer: „Die Verletzung hätte noch
schlimmer sein. können, und was
dann?") konnte allerdings die heimliche
Freude über den Spielabbruch nicht
ganz überspielen. Besser hätte es für
die Gäste, die später unter Polizeischutz
die Heimreise antreten mußten,
nicht laufen können. Mit lediglich zehn
Spielern nach Kassel gekommen — Stürmerstar
Persson saß in Decken gehüllt
nur auf der Bank herum •— war man der
ESG von Anfang an hoffnungslos unterlegen.
Um so verständlicher die helle Empörung
bei den Kasseler Spielern. Einhelliger
Tenor: der Vorstand hat uns diesmal
um den Sieg betrogen! Kapitän Konecki:
„Schuld hat derjenige, der dafür
sorgen mußte, daß ein Arzt anwesend
war."
Auf der Suche nach dem „Sündenbock"
wurde man dann auch bald fündig:
ESG-Sportwart Walter Ernst hielt
den „schwarzen Peter" in der Hand. Er
hatte vor dem Spiel telefonisch mit dem ansonsten zuständigen Arzt verhandelt,
der am Freitag nicht selbst
kommen konnte, aber versprach, einen
Vertreter zu schicken. Es blieb beim
Versprechen ..., der herbeigerufene Notarzt
mußte sich später um den verletzten
Torhüter kümmern.
Die Folgen dieser Unterlassungssünde
können für die ESG Kassel fatal werden.
Bei der Verhandlung vor dem DEBSportgericht
drohen nicht nur zwei Minuspunkte
(und 0:5 Tore), sondern
auch eine saftige Geldstrafe. Das ohnehin
recht schwindsüchtige und schlaffe
Verefnssäckel dürfte somit noch einige
Kummerfalten mehr bekommen.
Doch nicht genug damit! Die ESG
läuft jetzt Gefahr, auch noch den letzten
Kredit bei den treuesten Fans zu
verlieren. Eine Kassiererin bekam den
Zorn der Zuschauer am Freitag bereits
zu spüren: „Das mache ich nicht mehr
mit. Sogar ,blöde Kuh' muß man sich
jetzt schon nennen lassen!"
Quelle: HNA
Jetzt Flucht nach vorn
ESG Kassel hofft auf Unterstützung durch die Fans
„Dieser dumme Zwischenfall
hat uns in unserem Bemühen,
das höherklassige Eishockey für
Kassel zu retten, wieder ein ganzes
Stück zurückgeworfen. Wir hoffen
nur, daß wir unser treues Publikum
dadurch nicht allzusehr verärgert haben
und daß uns die Zuschauer auch
in Zukunft weiter unterstützen werden!"
Mit dieser Stellungnahme zog
Rüdiger Seehof, einer der drei Vorsitzenden
des Notvorstandes der ESG
Kassel, gestern einen Schlußstrich
hinter die Vorfälle beim Eishockey-
Oberligaspiel gegen Neuss, das am
vergangenen Freitag abgebrochen
wurde, well der von der ESG gemeldete
Arzt nicht anwesend war.
„Ich war völlig ahnungslos, sonst
hätte Ich noch einen Arzt besorgt,
und wenn das Spiel erst später angepfiffen
worden wäre", erklärte Seehof,
der für die Vereinsfinanzen verantwortlieh
ist, und wies ferner darauf
hin, daß der Vorstand in keinem
Augenblick daran gedacht hatte, den
in die Schußlinie geratenen Eishokkey-
Obmann Walter Ernst abzulösen.
Walter Ernst („Ich war dafür verantwortlich
und ich stehe dazu") hatte
bereits am Samstag auf einer Sitzung
seinen Rücktritt angeboten, was
allerdings sowohl vom Vorstand als
auch von der Mannschaft abgelehnt
worden war. Ernst: „Ich habe eingesehen,
daß das Fehlen des Arztes in
erster Linie meine Schuld war. Dieses
habe ich auch der Mannschaft erklärt
und mich entschuldigt. Es war einfach
eine Verkettung unglücklicher
Umstände."
Auch der für die sportlichen Belange
verantwortliche Vorsitzende Georg
Koch nahm seinen Obmann in Schutz:
„Eine Absetzung kam gar nicht in Frage.
Um solch einen Fehler zukünftig
xu, vermeiden, werden -wir die Organisation
noch verstärken!" Und nicht
•nur diese, 'so Koch, auch die Mannschaft
soll personell noch verstärkt
werden, denn „wir wollen doch die
Aufstiegsrunde erreichen."
Rüdiger Seehof („Der Splelabbruch
war für uns ein finanzieller Schlag
ins Kontor") setzt trotz der prekären
Finanzlage der ESG Kassel ebenfalls
auf die Zukunft: „Jetzt hilft nur noch
die Flucht nach vorn! Uns bleiben nur
zwei Möglichkeiten. Entweder stehen
wir diese schwierigen Zeiten gemeinsam
durch und haben auch in Zukunft
hochklassiges Eishockey zu bieten,
oder wir spielen in der nächsten Saison
nur noch mit unserer 1-b-Mannschaft!"
Quelle: HNA